QUARTA, 11.09.2020

Ungewohnte, aber sympathische Atmosphäre

Es ist wieder möglich gewesen: ein sinfonisches Konzert in der Wangener Waldorfschule. Auf der großen Bühne des Festsaals präsentierten sich am Freitagabend junge Musiker der Vier-Länder-Jugendphilharmonie, kurz „Quarta“ genannt, in einer auf das erforderliche Minimum reduzierten Besetzung. Die Leitung hatte der Dirigent Christoph Eberle aus Vorarlberg.

Das von ihm ins Leben gerufene Sinfonieorchester betreibt jährlich Anfang September eine Arbeitsphase, in der ein Programm für die Auftritte in den großen Sälen der Region erarbeitet wird, darunter der Angelika-Kauffmann-Saal in Schwarzenberg, das Bregenzer Festspielhaus, die Tonhalle in Sankt Gallen, das Feldkircher Montforthaus und eben der Festsaal der Wangener Waldorfschule.

Statt, wie ursprünglich geplant, Gustav Mahlers vierter Sinfonie erklangen die Sinfonie Nr. 29 A-Dur KV 201 von Wolfgang Amadeus Mozart, die Romanze für Solovioline und Orchester Nr. 2 F-Dur op. 50 und die Sinfonie Nr. 6 F-Dur op. 68 „Pastorale“ von Ludwig van Beethoven, dessen 250. Geburtstag die Musikwelt im aktuellen Jahr begeht. Im Hinblick auf die Besucherzahlen konnten sowohl die Sehnsucht nach einem Live-Konzerterlebnis als auch die populären Werke punkten. Zahlreiche Interessierte fanden den Weg in die Waldorfschule. Das Konzert war mit Ausnahme der vordersten Plätze sehr gut besucht. Die lockere Saalbestuhlung in Zweiergrüppchen und mit ausreichendem Abstand tat ihr Übriges, um für eine ungewohnte, aber sympathische Atmosphäre zu sorgen.

Für die jungen Leute auf der Bühne ist es eine Herausforderung, Bekanntes mit Perfektion unter Einhaltung etwas größerer Sitzabstände zu präsentieren. Abgesehen von wenigen verzeihlichen Schönheitsfehlern, gelang Mozarts Sinfonie präzise, mit Verve und Elan. Christoph Eberle war mit Sorgfalt seinem Orchester zugewandt und trieb die Violinen zu Höchstleistungen an und hielt die Mittelstimmen in Schwung.

Johannes Ascher, Konzertmeister des Orchesters, interpretierte in Beethovens Romanze die Solovioline mit zartem, unprätentiösem Ton. Auf einer kostbaren französischen Geige von Jean Baptiste Vuillaume spielte er mühelos und treffsicher.

Der junge Solist stammt aus Tuttlingen und studiert bei Professor Ulf Wallin an der Hanns-Eisler-Musikhochschule Berlin. Mit dem vierten Satz „Allegro“ aus Johann Sebastian Bachs Sonate a-Moll bedankte er sich bei seinem Publikum und erntete reichlich Applaus auch aus den Reihen der Orchesterkollegen.

Zum hohen Niveau der dargebotenen Pastoralsinfonie trugen die ausgezeichneten Bläser des Orchesters bei. Die Naturtrompeten verdeutlichten – wenn man so will – Beethovens Plädoyer für „mehr Ausdruck der Empfindung als Malerei“, berühmt gewordene Worte des Naturliebhabers im Programmzettel der Erstaufführung anno 1808.

Julia Beemelmans, Schwäbische Zeitung Wangen, 16. September 2020